Manuelle Therapie (MT)

Der Schwerpunkt der Behandlung in unserer Praxis liegt in der Kombination der Manuellen Therapie und der Physiotherapie.

Durch eine gezielte Anamnese, d.h. das Erkunden der Vorgeschichte der Beschwerden durch die Befragung des Patienten und durch eine sehr gezielte Befunderhebung versuchen wir ein genaues Bild von den Beschwerden, ihren Ursachen und körperlich-statischen Zusammenhängen zu erlangen.

Wir untersuchen exakt die betroffenen Gelenke oder Wirbelsäulenabschnitte auf ihre Funktion oder Fehlfunktion hin, aber wir wissen auch, dass die Fehlfunktionen in einem Gelenk oft nur das Ende einer Funktionsstörungskette im Körper sind.

Nehmen wir z.B. den Bereich Schulter-Nacken-Arm. Ursachen für Schulter-Nacken-Schmerzen sind extrem vielfältig. Die Schulter ist oft das letzte Glied einer Funktionsstörungskette. In unserer Anamnese und Befunderhebung versuchen wir ein Screening zu machen, welche Ursachen für die Störung in Frage kommen.

Z.B. organische Fehlfunktionen:

  • Beziehungen zum Arm, Achsel, Flanke, Rippenschmerzen; gibt es Herzbeschwerden (oft wie ziehender Schmerz), dann ist die Behandlung des Hausarztes und evtl. des Kardiologen gefragt, nicht die des Manualtherapeuten.
  • Bei Störungen im Bereich der Fascien (der Bindegewebshüllen der Organe, der Muskeln und Nerven) oder der Mobilität der Dura (der Rückenmarkshaut), die Symptome und Schmerzen wie oben beschrieben machen können, ist die Behandlung durch den Osteopathen angezeigt.
  • Bei Störungen die von der Halswirbelsäule (HWS) oder der oberen Brustwirbelsäule (BWS) ausgehen, gibt es ebenfalls Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die über die Schulter in den Arm ziehen können.
    Dieses ist, je nach Ausprägung und ob Strukturen des Nervengewebes in Mitleidenschaft gezogen sind, das Bestätigungsfeld von Orthopäden, Neurologen und uns Manualtherapeuten. Am besten in guter Kooperation untereinander.
  • Und dann sind da natürlich noch die Bewegungs- und Funktionsstörungen, die direkt vom Gelenk ausgehen, wobei sich “die Schulter“ auch noch in 5 “Teilgelenke“ differenziert.
    Natürlich ist die Behandlung dieser Störungen auch wieder das Metier von Manualtherapeuten und Orthopäden.

Deutlich wird an diesem Beispiel Folgendes: Wir versuchen genau zu erfassen:

  • um welche Störung handelt es sich?
  • welche Ursachen kann sie haben?
  • welche gezielte Behandlung ist notwendig?
  • was ist Ihr Anteil - also der des Patienten - an der Aufrechterhaltung der Fehlfunktion?

Denn, wenn ich ein Problem mit der HWS im Schulter-Nacken-Bereich habe und Stunden krumm vor dem PC verbringe, Maus-Arbeit mache, abends noch ein paar PC-Spiele dazu usw., dann tu’ ich natürlich alles, um die Fehlfunktionskette aufrecht zu erhalten - leider!

Somit wird noch ein Stück deutlicher, was wir in der MT machen

  • Befund erheben
  • Ursachen erforschen und dabei das Bewegungs- und Haltungsverhalten der Patienten einbeziehen.

Des Weiteren werden wir unser Wissen und unsere manuellen Fertigkeiten einsetzen; d.h. wir haben ein recht genaues Wissen über die Funktionsweise von Gelenken und ihrer Bewegungsmechanik, sowohl den Gelenken der Extremitäten als auch denen der Wirbelsäule.

Beispiel Schulter: die sichtbare Bewegung des Armes im Raum ist eine ganz andere als die, die im Schultergelenk passiert. Und wenn der Arm nach oben gereckt oder auf den Rücken gedreht wird, meine linke Hand auf der rechten Schulter liegt – ich sollte als Therapeut immer genau wissen, was machen Schulterblatt, Wirbelsäule, Schlüsselbein, wohin gleitet im Gelenk der Oberarmkopf usw..

Dieses Wissen – sagen wir besser und kritischer: diesen Stand des aktuellen Wissens – haben wir für alle Gelenke und Regionen des Körpers. Und ich denke – bei allem Wissen um die eigene Begrenztheit – leisten wir wirklich gute Arbeit, um betroffene Gelenke wieder mobil zu bekommen und die Fehlfunktionskette aufzulösen.

Also, wir haben in der manuellen Therapie

  • die Befunderhebung
  • die Ursachenerforschung
  • das Bewegungs- und Haltungsverhalten des Patienten bewertet
  • und mit unserem Können und know how einzelne Körperteile mobilisiert …

…und jetzt…tschüß Patient???

Ehrlich gesagt, fängt jetzt die richtige Arbeit erst an. Und erst ab jetzt und in der folgenden Zeit wird sich zeigen, ob eine Behandlung erfolgreich ist oder nicht.

Ich muss mich korrigieren: Jetzt fängt Ihre Arbeit so richtig an. Und Sie sind gefordert!!!

Zuerst, indem Sie folgende Fragen richtig beantworten:

In Ihrem Auto blinkt ständig das rote Kontrolllämpchen für “Ölmangel“. Was tun Sie?

  1. Ich freue mich und denke: Oh Klasse, endlich etwas Farbe im Auto.
  2. Ich ignoriere es und denke irgendwie blinkt ja immer mal was.
  3. Ich trete, wenn das Auto dann irgendwann stehen bleibt, wütend vor den Kühler und schimpfe: Scheiß Karre, woher soll ich denn wissen, dass du Öl brauchst, du kriegst doch jeden Tag Benzin.
  4. Ich benutze meinen Kopf, überlege, wofür so ein Auto alles Öl braucht, werde nie wieder vergessen Öl nachzufüllen und geh’ soviel wie möglich zu Fuß.

Zweite Frage:
Sie sitzen im bequemen Wohnzimmersessel und hören ein wunderschönes Konzert. Ihre Wohnzimmertür quietscht mit jedem Mal, das sie geöffnet wird. Was tun Sie?

  1. Die Tür abschließen und einen Familienaufstand riskieren
  2. Sich wundern, dass der Sopran so quietschig klingt
  3. Sich erheben, ein paar Tropfen Öl an die Angel und fertig - und sich wundern, dass kurz danach das Quietschen wieder los geht.
  4. Mal genau nachsehen, warum es quietscht, die Tür aushängen, ggf. die Türangel geradebiegen und ölen, Tür einhängen und sich freuen, dass man wieder Ruhe hat.

Dritte Frage:
Ihr Rücken tut seit einiger Zeit weh, und es wird nicht besser. Was machen Sie?

  1. Nichts, denn was von alleine kommt geht auch wieder von alleine, und außerdem fülle ich beim Auto auch kein Öl nach.
  2. Immer noch nichts, denn der Arzt hat gesagt, ab 65 hören die Schmerzen von allein auf (…na ja, 15 Jahre dauert es wohl noch).
  3. Sie gehen zum Arzt und holen sich eine Spritze ab.
  4. Sie überlegen, woher die Schmerzen kommen, warum es nach längerem Sitzen immer schlimmer wird, warum Sie beim Laufen weniger Schmerzen haben, und, dass Sie richtig was ändern sollten, damit es doch endlich besser wird.

Sollten Sie alle Fragen mit a oder b beantwortet haben, haben Sie wohl nicht nur ein körperliches Problem, sollte c Ihre Hauptantwort sein, ist Ihr Leidensdruck noch nicht groß genug, lautet die Antwort auf alle Fragen d haben Sie gute Chancen eine erfolgreiche Arbeit zu starten.

Denn oft sind die Patienten, die zu uns kommen, schon mit chronifizierten Leiden behaftet, d.h. der Rücken tut schon länger weh, die Schulter schmerzt seit Wochen, usw.

Das bedeutet, die Biomechanik des Gelenks ist seit Längerem gestört, das Bindegewebe von Kapseln, Bändern, Fascien etc. wird seit einiger Zeit in "falscher Zusammensetzung" bezüglich Länge, Stabilität, Konsistenz, Wasserbindefähigkeit etc. produziert.

Wenn eine Gelenkkapsel, die wie eine bewegliche, dehnbare Hülle um die Gelenke liegt, wenn diese Hülle "schrumpft", Entzündungssubstanzen produziert, Bewegungen im Gelenk nicht mehr richtig zulässt, wird auch der Bewegungsablauf gestört - Muskel entwickeln "Dysbalancen", verspannen oder verlieren ihre Spannung, Schonhaltungen werden eingenommen usw..

Wenn wir in der manuellen Therapie also Beweglichkeit von Gelenken oder Wirbelsäulenabschnitten verbessern, ist es Ihre Aufgabe, zunächst unter Anleitung, zunehmend eigenverantwortlich, Ihre Bindegewebestrukturen selbst zu mobilisieren, zu festigen, die betroffene Körperregion wieder in Bewegungsabläufe zu integrieren. Denn nur Sie können durch konsequentes Wiederholen von Bewegungen den Gelenken einen Reiz zur richtigen Erneuerung geben - täglich - täglich mehrmals.

Und hier liegt oft das Problem bei chronischen Leiden am Skelett: Das Bindegewebe - also Kapseln, Bänder, Fascien - erhält viel zu wenig "gesunden" Reiz, als dass es sich gut regenerieren kann. Eine Bandscheibe, die durch langes Sitzen und zu wenig sinnvolle Bewegung lädiert ist, regeneriert nicht, wenn ich sie durch 12 Stunden Sitzen bei der Arbeit, beim Essen, auf dem Klo, am PC weiterhin fehlbelaste und als Ausgleich 20 Minuten Fahrrad fahre - also schon wieder sitze.

Auch eine schmerzhafte Schulter regeneriert also nicht, wenn ich nicht lerne meinen krummen Rücken zu strecken und den Schultergürtel wieder richtig zu positionieren.

Eine gute manuelle Therapie kann viel leisten, besonders bei chronischen Beschwerden – aber nur mit Ihrem persönlichen, starken und zielgerichteten Engagement.

Und das heißt:

  • Verstehen: warum kommt es zu chronischen Beschwerden
  • Einsicht: Durch welche Veränderungen im Haltungs- und Bewegungsverhalten kann ich als Patient helfen, dass sich "das Gewebe" erholt.
  • Umsetzen: Durch tägliche gezielte Übungen in einem "gesunden Bewegungsmuster" trainiere ich mein verletztes Gewebe, damit es regenerieren kann.
  • Wie "Zeit-intensiv" ist das? Es ist abhängig von der Schwere des Schadens im Gewebe, der Fehlbelastung, der Dauer des Schadens, der Chronizität. Und es ist abhängig von Ihrer Einsicht, Ihrem Verstehen und davon, ob Sie selbst Ihre falschen Verhaltensmuster verändern.

Weit über 70% aller nicht unfall- oder krankheitsbedingter Rücken-, Schulter- und Hüftprobleme sind "Degenerative Veränderungen" bedingt durch Fehlhaltung und Fehlbewegungen und dadurch dauerhafte Fehlbelastungen des Gewebes.

Wenn ich also ein Schulter- oder Rückenproblem habe, 6 mal zur Krankengymnastik "latsche", zu Hause aber "schlaffsackig" auf dem Sofa "rumlümmle" und "gerade sitzen" furchtbar anstrengend finde und alle 3 Tage mal 10 Minuten irgendwelche Übungen mache, die ich auch noch falsch umsetze - dann tut sich nichts.

Integriere ich aber den aufrechten Rücken in meinen Alltag, bewege mich viel (und lümmle mich ab und zu auch mal hin) und in alle Richtungen, mache 5 mal täglich für 3 - 5 Minuten meine speziellen Übungen, in Ruhe und Konzentration - dann sind sehr oft sehr schnell die Beschwerden weg - und wenn Sie dann noch weiter aufmerksam sind mit Haltung, mit Bewegung usw., dann bleiben die Beschwerden auch weg, weil sich dann Ihr Gewebe dauerhaft erholt und neu gebildet hat.

Und das klappt nur, wenn ich verstehe, warum ich etwas tue und gute Übungsbewegungen in gesunde Alltagsbewegungen integriere.

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©Klaus Schoo